Die Bayerische Verfassung wird 75!

2. Dezember 2021

Hut ab – ein stattliches Alter! Unseren herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Verfassung!
Du hast dich gut gehalten all die Jahre, stehst da wie eine 1, faltenlos und kerngesund.

So schade, dass viele Bewohner:innen deines Landes dich nur vom Hörensagen kennen und nicht wissen was für ein Schatz du bist. Deinen sozialen Charakter, deine Empathie und deine praktische Veranlagung scheinen manchmal selbst die nicht zu kennen, die dir im Maximilianeum so nahe kommen – kann sein, sie hören dir nicht zu?

In so vielen deiner 188 Artikel sprichst du Dinge und Wahrheiten aus, die man gerne laut und deutlich auch mal aus Politikermund hören würde.

Artikel 106:

Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.

Die Förderung des Baus billiger …Wohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden

Artikel 141:

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut …
Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen …
die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten.

Artikel 151:

Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl …

Gemeinschädliche und unsittliche Rechtsgeschäfte, insbesonders alle wirtschaftlichen Ausbeutungsverträge sind rechtswidrig und nichtig.

Artikel 157

Kapitalbildung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Entfaltung der Volkswirtschaft.

Artikel 158

Eigentum verpflichtet gegenüber der Gesamtheit.
Offenbarer Mißbrauch des Eigentums- oder Besitzrechts genießt keinen Rechtsschutz.

Artikel 161

Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. Mißbräuche sind abzustellen.

Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen

Artikel 168

Jede ehrliche Arbeit hat den gleichen sittlichen Wert und Anspruch auf angemessenes Entgelt. Männer und Frauen erhalten für gleiche Arbeit den gleichen Lohn.

Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt


Du machst deine Sache gut … schön, dass wir dich haben!
Aber vielleicht könntest du in Zukunft doch etwas lauter sein und dich durchsetzen, wenn hinter deinem Rücken mal wieder jemand … von dir nix weiß …

Bitte bleib wie du bist und lass dich nicht unterkriegen.

Deine Bayern

Wohnungs- und Mietenpolitik

Mensch Westend / Leerstand am Bismarckring 23 / Foto: Adriana La Marca

Bild: mensch-westend.de

Robert Habeck zur aktuellen Debatte über zu hohe Mieten und die Schaffung neuen Wohnraums

Wohnen ist ein Recht. Und der Markt soll den Menschen dienen. Der Grund- und Bodenmarkt sowie der Kauf und Verkauf von Wohnungen ist aber zum Anlage- und Spekulationsobjekt geworden. In Zeiten niedriger Zinsen investieren professionelle Geldanleger und Hedgefonds in Immobilien. Dadurch kommt es zum Interessenkonflikt zwischen Renditen und Mieten. Bundesweit steigen die Mieten und Wohnungspreise schon lange nicht mehr nur in den Großstädten. Menschen können sich nicht mehr leisten, in ihrem vertrauten Umfeld zu leben. Die Gesellschaft spaltet sich. Die bisherigen politischen Mittel haben sich als unzureichend erwiesen.

Der politische Schwerpunkt lag in der Vergangenheit auf Veränderungen im Mietrecht. So wichtig dieses Thema ist, so wenig wird es den Wohnraummangel beseitigen. Wir brauchen verstärkten Wohnungsbau, öffentlichen wie privaten. Die derzeitigen Programme im öffentlichen Wohnungsbau sind Tropfen auf den heißen Stein.

1. Öffentliches Wohnungsbauprogramm

Die öffentliche Hand braucht einen Grundstock an Wohnungen. Es war ein Fehler, dass diese in den letzten Jahrzehnten aufgelöst und privatisiert wurden. Es braucht ein Wohnungsbauprogramm für deutsche Städte in einem viel größeren Umfang als es die öffentlichen Haushalte erlauben. Es braucht daher ein Investitionsprogramm. Die öffentlichen Wohnungsgesellschaften müssen vermehrt bauen. Und dazu kann es auch sinnvoll sein, neue Gesellschaften zu gründen.

2. Baupflicht durchsetzen


Das Bauen scheitert derzeit oft am Bauland. Mit dem Bauland oder baureifem Land in privater Hand wird derzeit spekuliert. Man wartet auf Steigerungen der Bodenpreise statt zu bauen. Das kommunale Bau-und Planungsrecht sieht aber heute schon eine Baupflicht vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade beim Grund und Boden eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung enteignet werden.

3. Kommunale Vorkaufsrechte stärken

Ziel muss sein, den Bestand von Wohnungen und Boden im Besitz der öffentlichen Hand zu vergrößern. Entsprechend braucht es eine aktive Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die gemeinwohlorientiert agieren, ergänzen die kommunale Strategie. Das kommunale Vorkaufsrecht soll gestärkt werden, etwa durch die Preisermittlung, die heute noch spekulative Wertsteigerungen enthält, oder durch die Möglichkeit eines kommunalen Vorkaufsrechts für gesamte Stadtgebiete (nicht nur für Gebiete mit sozialer Erhaltungssatzung und Sanierungsgebieten). Die Ausübungsfrist von zwei Monaten soll verlängert werden und es soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.

4. Veräußerungen von öffentlichem Eigentum stoppen

Auch der Bund muss Bauland für öffentliche und soziale Investoren zur Verfügung stellen. Er hält über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) und – im landwirtschaftlichen Bereich – über die Bundesverwertungs- und Verwaltungs-GmbH (BVVG) große Bestände an Boden und Immobilien. BimA und BVVG verkaufen in den allermeisten Fällen meistbietend. Das ist falsch. Die noch vorhandenen Bestände sollten Kommunen oder Genossenschaften mit der Pflicht zur Sozialbindung, zu entsprechend deutlich niedrigeren Preisen, übertragen werden. Man kann auch darüber nachdenken strategisch zuzukaufen, um in Deutschland eine Bodenvorratspolitik umzusetzen.

5. Erbbaurecht und Erbpacht nutzen

Kann eine Kommune oder die öffentliche Hand nicht selber bauen, sollte sie den Boden nicht verkaufen, sondern ein Erbbaurecht einräumen. Nach Ablauf dieses Rechts fällt das Grundstück wieder an die öffentliche Hand zurück. So verhindern wir das alte Problem im sozialen Wohnungsbau, dass nach Ablauf der Bindungsfrist die Wohnungen zu Geld gemacht werden. …

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Bemerkenswert

Kunsthandwerk :: Handwerkskunst?

Das „Kunsthandwerk“ erhebt seit Langem den Anspruch „eigentlich“ KUNST zu sein. Hier tritt deutlich ein Minderwertigkeitskomplex zu Tage, der nicht ohne Folgen für die kunsthandwerklichen Produkte bleibt. Eine auch noch so gut gemachte Schüssel, ein Krug, ein Teller, gar eine Kanne – was im Bereich der Keramik handwerklich und gestalterisch zum Schwierigsten gehört – lösen den Anspruch nicht ein, sind sie doch nur für den schnöden Gebrauch gedacht und gemacht. Gleiches gilt für alle anderen gestalterischen Handwerke wie Gold- und Silberschmied*innen oder Glasmacher*innen usw. …


Da Kunst aber „zweckfrei“ zu sein hat, reicht ein gut gestaltetes und funktionales Gebrauchsding nicht aus. Die Folge sind häufig bewusst unbrauchbare Gefäße oder nicht tragbarer Schmuck. Die Museen des Handwerks und die Kataloge von Westerwaldpreis oder der Danner-Stiftung sind voll von solchen Arbeiten.

Manche Kunsthandwerker*innen vollziehen den nötigen großen Schritt und lösen ihre Objekte los von jedem Zweck. Dann gibt es eine Chance, dass daraus KUNST entsteht. Warum nennen sie sich dann nicht Künstler*innen? Auch hierfür gibt es großartige Beispiele. Nicht jede Kunst braucht Material, aber Kunst, die Material braucht um sichtbar zu werden, braucht auch Handwerker*innen, die es beherrschen.

Kunst kommt eben nicht von „können“, sondern von „künstlich“ – von Menschenhand gemacht im Gegensatz zu natürlich entstanden. Die „Kunst“ das Material zu beherrschen ist für beide, Künstler*innen und Handwerker*innen, keine Kunst, sondern eine selbstverständliche Voraussetzung für die je eigene Arbeit.